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Urteil
13. Februar 2024

Zweifel an Beweiswert eines Attests

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Richter und Justitia
Bild: © Ozge Emir/iStock/Getty Images Plus
Das BAG hat in einem Urteil erläutert, in welchen Fällen der Beweiswert eines ärztlichen Attests erschüttert ist – etwa dann, wenn am Ende eines Arbeitsverhältnisses Kündigungsfrist und Krankheitsdauer exakt übereinstimmen.

DER STREITFALL

Der Kläger war seit März 2021 beim beklagten Arbeitgeber beschäftigt. Er legte am Montag, dem 02.05.2022, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 02. bis zum 06.05.2022 vor. Mit Schreiben vom 02.05.2022 (dem Kläger zugegangen am 03.05.2022) kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum 31.05.2022. Mit Folgebescheinigungen vom 06.05.2022 und vom 20.05.2022 wurde Arbeitsunfähigkeit bis zum 20.05.2022 und bis zum 31.05.2022 (einem Dienstag) bescheinigt. Ab dem 01.06.2022 war der Kläger wieder arbeitsfähig und nahm eine neue Beschäftigung auf. Der Arbeitgeber verweigerte die Entgeltfortzahlung, weil er den gelben Schein anzweifelte.

DIE ENTSCHEIDUNG

Ein Arbeitnehmer kann die von ihm behauptete Arbeitsunfähigkeit mit ordnungsgemäß ausgestellten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nachweisen. Deren Beweiswert kann der Arbeitgeber erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlegt und ggf. beweist, die nach einer Gesamtbetrachtung Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers geben. Hiernach ist der Beweiswert für die Bescheinigung vom 02.05.2022 nicht erschüttert. Denn zu diesem Zeitpunkt wusste der Kläger noch nichts von seiner Kündigung. Bezüglich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 06.05.2022 und vom 20.05.2022 ist der Beweiswert dagegen erschüttert. Denn die dort festgestellte passgenaue Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit und die Kündigungsfrist waren vom Zeitraum her exakt deckungsgleich. Zudem nahm der Kläger unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Beschäftigung auf. Dies hat zur Folge, dass nunmehr der Kläger für die Zeit vom 07. bis zum 31.05.2022 die volle Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für den Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 Abs. 1 EFZG trägt.

BAG, Urteil vom 13.12.2023, Az.: 5 AZR 137/23

DAS BEDEUTET FÜR SIE

Der Beweiswert von (Folge-)Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen kann erschüttert sein, wenn der arbeitsunfähige Arbeitnehmer nach Zugang der Kündigung eine oder mehrere Folgebescheinigungen vorlegt, die passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfassen, und er unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Beschäftigung aufnimmt.

Silke Rohde