Erteilt der Arbeitgeber den Beschäftigten Weisungen, bei der Erbringung ihrer Arbeitsleistung auf den Einsatz von KI zurückzugreifen, kann sich theoretisch ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ergeben. Diese Vorschrift regelt die Mitbestimmung „in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb“. Nach ständiger Rechtsprechung des BAG können Gremien nach dieser Vorschrift aber nur dann mitbestimmen, wenn es ausschließlich um Maßnahmen geht, die das sogenannte Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer betreffen (BAG, Beschluss vom 09.09.1975, Az.: 1 ABR 20/74; Beschluss vom 13.12.2016, Az.: 1 ABR 7/15).
Weisungen des Arbeitgebers, die „lediglich“ die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisieren (und damit das Arbeitsverhalten), unterliegen nicht der Mitbestimmungspflicht. Weist der Arbeitgeber die Beschäftigten an, ihre Arbeitsleistung unter Einsatz von KI zu erbringen, bezieht sich dies grundsätzlich auf das Arbeitsverhalten. Sie fällt damit in den organisatorischen Gestaltungsspielraum des Arbeitgebers und ist regelmäßig nicht mitbestimmungspflichtig. D. h., in der Regel muss der Betriebsrat hier nicht beteiligt werden.
Mitbestimmung nach § 95 BetrVG bei Auswahlrichtlinien
Ein spezielles Mitbestimmungsrecht sieht § 95
BetrVG vor, wenn Auswahlrichtlinien zur Personalauswahl erstellt werden. Werden solche Richtlinien ausschließlich oder mit Unterstützung von KI erstellt, greift § 95 Abs. 2a BetrVG. Ein solcher Fall liegt beispielsweise dann vor, wenn eine KI mit historischen Bewerberdaten, früheren Einstellungsentscheidungen und bestehenden Anforderungsprofilen trainiert wird. Aus diesen Informationen leitet die KI implizit Einstellungskriterien ab, gewichtet diese und nutzt sie, um die (vermeintlich) optimalen Einstellungsentscheidungen zu treffen, Empfehlungen auszusprechen oder eine Vorauswahl zu erstellen. Entsprechendes gilt gegebenenfalls auch für den Einsatz von Chatbots.
Im Zusammenhang mit Bewertungsprozessen ist zudem § 94 Abs. 1 Satz 1 BetrVG von Bedeutung, der die – ebenfalls der Zustimmung bedürfende – Einführung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze regelt. Dies erfasst neben den genannten Beispielen auch das sogenannte KI-basierte Skill-Matching (den Abgleich von geforderten und vorhandenen Fähig- und Fertigkeiten).
Bei der Festlegung des Inhalts von Stellenbeschreibungen und Anforderungsprofilen kann der Betriebsrat nicht mitbestimmen. Hier kann allenfalls das Unterrichtungs- und Vorschlagsrecht nach § 92 Abs. 1 Satz 1 BetrVG einschlägig sein, das die Information über die Personalplanung vorsieht. In der Regel dürfte davon auszugehen sein, dass sowohl im Bewerbungs- als auch im Beurteilungsverfahren KI zum Einsatz kommen wird.
Mitbestimmung durch freiwillige Betriebsvereinbarungen sichern
Als Fazit lässt sich festhalten, dass der Betriebsrat nach aktuellem Stand nicht sehr viele Möglichkeiten der erzwingbaren Mitbestimmung hat, wenn es um den Einsatz von KI geht. Deshalb ist es ratsam, dass Sie das Gespräch mit der Geschäftsleitung suchen und den Abschluss von freiwilligen Betriebsvereinbarungen (§ 88 BetrVG) anstreben, um Ihren Einflussbereich zu vergrößern.
Hierbei sind Sie allerdings darauf angewiesen, dass der Arbeitgeber dazu bereit ist. Doch Sie haben gute Argumente auf Ihrer Seite: Denn wenn der Einsatz von KI und der Rahmen Ihrer Mitbestimmung klar geregelt sind, ist die Chance größer, dass die Beschäftigten den damit verbundenen Neuerungen mit weniger Widerständen begegnen. Das hilft auch dem Arbeitgeber.