DER STREITFALL
Der beim beklagten Arbeitgeber beschäftigte Kläger gehörte seit 2014 einer Chatgruppe mit fünf anderen Arbeitnehmern an. Im November 2020 wurde ein ehemaliger Kollege als weiteres Gruppenmitglied aufgenommen. Alle Gruppenmitglieder waren „langjährig befreundet“, zwei miteinander verwandt. Neben rein privaten Themen äußerte sich der Kläger – wie auch mehrere andere Gruppenmitglieder – in beleidigender und menschenverachtender Weise unter anderem über Vorgesetzte und Arbeitskollegen. Dies erfuhr der Arbeitgeber zufällig und kündigte dem Kläger.
DIE ENTSCHEIDUNG
In den Vorinstanzen hatte jeweils der Arbeitnehmer gewonnen. Das BAG entschied nun, dass die zweite Vorinstanz einen Rechtsfehler begangen hat und der Sachverhalt weiter aufgeklärt werden muss. Denn die zweite Instanz hat fälschlicherweise geurteilt, dass der Kläger davon ausgehen durfte, dass seine Nachrichten vertraulich sind und damit keine Kündigung begründet werden kann. Eine solche Vertraulichkeitserwartung ist nach Meinung des BAG aber nur dann berechtigt, wenn die Mitglieder der Chatgruppe den besonderen persönlichkeitsrechtlichen Schutz einer Sphäre vertraulicher Kommunikation in Anspruch nehmen können. Das wiederum ist abhängig von dem Inhalt der ausgetauschten Nachrichten sowie der Größe und personellen Zusammensetzung der Chatgruppe. Sind Gegenstand der Nachrichten – wie vorliegend – beleidigende und menschenverachtende Äußerungen über Betriebsangehörige, bedarf es einer besonderen Darlegung, warum der Arbeitnehmer berechtigt erwarten konnte, deren Inhalt werde von keinem Gruppenmitglied an einen Dritten weitergegeben. Diese Darlegung muss nun in der erneuten Verhandlung nach der Zurückverweisung erfolgen.
BAG, Urteil vom 24. August 2023, Az.: 2 AZR 17/23